Gesundheitskongress des Westens 2024 - „Bereit zur Veränderung – nutzen wir die Chance!“

Save the date: Gesundheitskongress des Westens am 14. und 15. Mai 2025 in Köln

Kongressrückblick 2024: „Unglaublich inspirierend, von Anfang an“

Nach zwei Tagen ist der Gesundheitskongress des Westens gestern in Köln zu Ende gegangen. „Unglaublich inspirierend, vom ersten Moment an“, beschrieb die Kongressleiterin Claudia Küng die Stimmung im Kölner Gürzenich. „Es ist toll, dass immer mehr kluge, engagierte Menschen mit anderen klugen, engagierten Menschen zusammenarbeiten wollen.“ Diese Zusammenarbeit sei wichtig. „Denn es kommen richtige Tsunami-Themen auf uns zu, denen wir uns nur gemeinsam stellen können“, sagte sie.

Über 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Klinik und Praxis, aus Gesundheitspolitik und -wirtschaft, aus der Forschung und Wissenschaft sowie der Pflege diskutierten an zwei Tagen unter dem Motto „Bereit zur Veränderung – nutzen wir die Chance!“ über die Themen, die das Gesundheitswesen heute und in den nächsten Monaten bewegen. Über 500 Menschen haben ausgewählte Sessions im Livestream verfolgt.

Bei der Eröffnungsveranstaltung bekräftigte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, dass die Krankenhausplanung ein verbrieftes Recht der Länder sei. „Wenn das Gesetz gegen den Willen des Bundesrates verabschiedet wird, werden wir dafür sorgen, dass das Bundesverfassungsgericht sich damit beschäftigt“, kündigte Laumann an. Die Zusammenarbeit der Akteure bei der Umsetzung der neuen Krankenhausplanung in NRW, lobte er dabei ausdrücklich. 

Gemeinsam den Herausforderungen zu begegnen, lautete auch die Empfehlung von Prof. Eyal Zimlichman, MD, MSc (MHCM), Chief Transformation Officer and Chief Innovation Officer Sheba Medical Center in Israel. „Der einzige Weg diesen Herausforderungen zu begegnen, besteht aber nicht darin, mehr von demselben zu tun, sondern es anders zu machen“, machte er deutlich. „Wir müssen handeln und wir müssen jetzt handeln“, appellierte er an die Kongressteilnehmer. Die Digitalisierung und digitale Gesundheit sind nach seiner Auffassung der Weg zur notwendigen Transformation. Sie sei zwar immer schmerzhaft, berge aber viele Chancen. „Wir haben im Gesundheitswesen eine einzigartige Umgebung: Wenn wir die Gesundheitsversorgung und das System verbessern und die Transformation vorantreiben, dann können wir auch das ökonomische Wachstum anregen“, betonte Zimlichmann. 

Bei einem Empfang am Vorabend des Kongresses warnte NRW-Innenminister Herbert Reul vor der aktuellen Bedrohungslage im Netz. Diese sei so hoch wie noch nie. Noch würden aber viele Unternehmen das Thema Cybersicherheit nicht ernst genug nehmen, gab er dabei zu bedenken. „Die Hacker kennen aber kein Pardon. Sie nutzen Sorglosigkeit und falsche Sparsamkeit schamlos aus und ihnen ist es komplett egal, ob sie einen Computer oder eine Beatmungsmaschine ausschalten“, machte der NRW-Innenminister deutlich. 

Die Krankenhausreform war eines der Schwerpunkte auf der Agenda des Kongresses. Während Bund und Länder nach wie vor große Schwierigkeiten haben, zu einem Konsens zu kommen, appellierte Prof. Dr. Christian Karagiannidis, Mitglied der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung, an alle Beteiligten, sich so schnell wie möglich zu einigen. „Nicht jeder Player wird für sich persönlich das Optimum herausholen, aber am Ende muss es für die Gesellschaft funktionieren“, sagte er auf dem Gesundheitskongress des Westens. „Wir werden nur vorwärtskommen, wenn wir das Ganze mit einer entsprechenden Geschwindigkeit machen.“ Aber ohne diese tiefgreifende Strukturveränderung werde es nicht gehen. 

„Wer erweckt die Ambulantisierung aus dem Dornröschenschlaf?“: Um eine qualitativ hochwertige und zugleich wirtschaftliche Behandlung zu ermöglichen, setzt der Gesetzgeber immer mehr auf die Ambulantisierung. „Wir werden mit keinem Geld der Welt dieses hohe Maß an Krankenhausdichte und Krankenhausbehandlungen, wie wir sie heute haben, durchhalten können“, betonte Prof. Dr. Tom Bschor, Leiter und Koordinator der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung am Bundesministerium für Gesundheit, auf dem Gesundheitskongress des Westens. Tagesstationäre Behandlungen, Hybrid-DRG für ambulante Operationen und die sogenannten Level 1i-Krankenhäuser gehören bisher zu den Maßnahmen, die der Ambulantisierung Rückenwind geben sollen. „Wir wissen, wo das Problem ist, wir haben den Umbau allerdings noch nicht geschafft“, bedauerte Matthias Mohrmann, stellv. Vorsitzender des Vorstands der AOK Rheinland/Hamburg. Das gehe nur „im Geiste der Kooperation“. 

Der 13. Bayreuther Gesundheitsdialog beschäftigte sich buchstäblich mit einem schwergewichtigen Thema: Adipositas - eine chronische Erkrankung auf dem Weg in eine strukturierte Regelversorgung. Prof. Dr. Christine Joisten, Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft Deutsche Sporthochschule Köln, betonte in ihrem Impulsvortrag: „Adipositas ist kein Lebensstilproblem, sondern eine chronische Erkrankung mit ernstzunehmenden Folgen für die Betroffenen, die Gesellschaft und die Gesundheitssysteme“. Weltweit habe sich die Zahl der Erwachsenen mit Adipositas seit 1990 verdoppelt und der Kinder vervierfacht, so die Allgemeinmedizinerin und warnte: „Mit ‚Iss mal weniger oder bewege Dich mehr‘ ist es nicht getan“, denn 50 Prozent der Erkrankung mache das Genom aus. Adäquate Versorgung und eine gesamtgesellschaftliche Strategie seien nötig, um der „mehr als dürftigen“ Lage präventiv und therapeutisch zu begegnen. Dass auch die direkten Krankheitskosten durch Adipositas mit 29 Milliarden Euro schwer wiegen, erläuterte Prof. Dr. Volker Ulrich, Volkswirtschaftslehre III - Finanzwissenschaft der Universität Bayreuth: „Neue Medikamente wie die Abnehmspritze sind zwar hilfreich, aber wir brauchen Orientierung, wer dafür in Frage kommt.“ Hoffnung mache das neue Disease-Management-Programm (DMP) Adipositas für Erwachsene, das seit 1. April 2024 in Kraft ist. Christel Moll, 1. Vorsitzende Adipositas Verband Deutschland e.V., wünscht sich vor allem mehr öffentliche Akzeptanz der Betroffenen: „Menschen mit Adipositas sind leider sehr schambehaftet, sie trauen sich oftmals nicht, ihren eigenen Arzt auf Therapien anzusprechen.“  

Wer trägt die Verantwortung für die Sicherstellung in der Altenpflege? Moderator Uwe Borchers, Geschäftsführer ZIG – Zentrum für Innovation in der Gesundheitswirtschaft OWL, wies in seiner Einführung nachdrücklich auf den Pflegekräftemangel hin. So würde es derzeit fünf Millionen Pflegebedürftige geben, in fünfeinhalb Jahren könnten es über sieben Millionen sein. Input gab es zunächst von Prof. Dr. Moritz Heß, Professur für Gerontologie Fachbereich Sozialwesen Hochschule Niederrhein: „Wir haben bei all den Herausforderungen einen Vertrauensverlust in der Bevölkerung, eine Unsicherheit bei der Frage, wer zuständig ist, wenn die Eltern oder man selbst Pflegebedarf hat. Wir brauchen deshalb eine klare Antwort, die an den Normalverbraucher kommuniziert werden muss.“ Dazu müssten verschiedene Träger, die Kassen, Kirchen, die Bevölkerung, aber auch die Politik befragt werden. Veranstaltungen wie diese auf dem GdW seien ein erster Schritt. Prof. Dr. h. c. Christel Bienstein, Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) e. V., betonte in ihrem Impulsvortrag die Wichtigkeit von Weiterbildung von Pflegenden: „Deutschland hat sich sehr schwergetan, die Pflege an den Hochschulen zuzulassen. Andererseits habe das Eckpunktepapier, das Herr Lauterbach vorgestellt hat, sehr viele positive Aspekte beinhaltet. 

Eine „Reform der Vergütungssystematik im ambulanten Bereich“ mache nur in einem entbudgetierten System Sinn, betonte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Gassen. Es sei absurd, dass eine gesamte Branche in einem Budget leben müsse und es gleichzeitig ein ungebremstes Leistungsversprechen gebe, ergänzte er. Der Vorstandsvorsitzende der AOK Nordwest, Tom Ackermann, bezweifelte allerdings, dass eine Entbudgetierung der Haus- und Fachärzte die Patientenversorgung verbessern wird. „Die Entbudgetierung ist nicht geeignet, um die Strukturdefizite, die wir aus der Sicht der Patienten haben, zu beheben“, sagte er. Zudem sei mit hohen Zusatzkosten zu rechen. „Die Nachschusspflicht wird sich über den bisherigen Kalkulationen bewegen“, beklagte Ackermann.

„Hygiene und Infektionsschutz – alles geregelt, aber nicht umgesetzt?“ – in dieser Session präsentierte Prof. Dr. Thomas Mansky, ehem. Leiter Fachgebiet Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen Technische Universität Berlin, erschreckenden Zahlen: 400.000 bis 600.000 nosokomialen Infektionen gibt es hierzulande jedes Jahr, die Zahl der Todesfälle wird auf bis zu 20.000 geschätzt. „Viele dieser Fälle sind vermeidbar“, so der Experte. Wo liegt es im Argen? „Hygiene ist ein Führungsproblem“, so Prof. Mansky, „Hygienebeauftragte können nur erfolgreich arbeiten, wenn es die Unterstützung von Chefärzten, Verwaltungsleitung und Pflegedienstleistung gibt.“ Das sei leider noch nicht der Fall. „Es gibt auch immer noch zu wenige Fachärzte für Hygiene in Deutschland“, ergänzte Prof. Dr. Frauke Mattner, Chefärztin am Institut für Hygiene Kliniken der Stadt Köln. „Wir haben keine Refinanzierung dafür, das ist ein riesiges Problem.“ 

Wie geht man mit der Diagnose um, dass sich in einigen Jahren erste Alzheimer-Symptome zeigen werden? Eine interessante Frage und Thema der Session Frühdiagnostik Alzheimer - yes we can! Denn schon heute ist es anhand von Biomarkern möglich, Alzheimer bei einer leichten kognitiven Störung nachzuweisen, so Prof. Dr. Frank Jessen, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Köln, in seinen Impulsvortrag. Klaus Overdiek, Leiter Landesvertretung NRW DAK-Gesundheit, betonte, dass eine frühe Diagnose und eine Verlangsamung der Erkrankung den Betroffenen zu mehr Lebensqualität verhelfen könnten. Prof. Dr. Notburga Ott, Bundesvorstand wir pflegen - Interessenvertretung und Selbsthilfe pflegender Angehöriger e. V., sieht die Frühdiagnostik kritisch: „Wenn ich damit konfrontiert werde, was auf mich oder meine Angehörigen zukommt, ist es schwer, damit umzugehen. Es gibt jetzt schon kaum Unterstützung.“ Dr. Christian Flügel-Bleienheuft, Past President Gesundheitsnetz Köln-Süd (GKS) e.V., empfiehlt, stärker in Netzwerken zu denken: „Bisher rutschen die Patienten wie Flipperkugel durchs System, weil sich keiner um sie kümmert. Netzwerke sind wichtig, damit es läuft.“

Welche Rolle spielen die kleinen Krankenhäuser jetzt und künftig in der Grund- und Basisversorgung? René Thiemann, Geschäftsführer Hüttenhospital gGmbH und Städt. Krankenhaus Maria-Hilf Brilon gGmbH, nahm dazu Stellung in der Session Das kleine Krankenhaus: Merkmale, Managementstrategien und Perspektiven. „Kleine Häuser im urbanen Raum, die erfolgreich im Wettbewerb bestehen wollen, müssen sich spezialisieren und fokussieren“, sagte René Thiemann, Geschäftsführer Hüttenhospital gGmbH und Städt. Krankenhaus Maria-Hilf Brilon gGmbH. Sie seien Garant für wohnortnahe Versorgung und entscheidend für die Gewinnung von Fachkräften zur Entwicklung des Wirtschaftsstandortes. Und: „Im Rahmen einer deutlich engeren Kooperation sollten insbesondere Kliniken unterschiedlicher Versorgungsstufen eng miteinander vernetzt sein und regionale Versorgungsmodelle etablieren.“ Sassan Pur, Geschäftsführer Hessenklinik Stadtkrankenhaus Korbach gGmbH, wies auf den Fachkräftemangel hin: „Wir haben ein großes Problem mit der Arzt-Akquise. Die Leute kommen fast alle direkt aus dem Ausland, und wenn sie sich eingearbeitet haben, ziehen sie in die Städte.“ Man habe das sehr ernst genommen, setze jetzt noch mehr auf Fortbildung, Zuhören und Wertschätzung. 

In der Session „Vom Impfen bis zum Dispensierrecht: Keine Denkverbote für Ärzte- und Apotheker-Zusammenarbeit!“ ging es um eine mögliche Neujustierung der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern. Dr. Peter Indra, MPH, Amtschef Amt für Gesundheit bei der Gesundheitsdirektion Kanton Zürich, berichtete von den Erfahrungen aus der Schweiz, wo die Apotheker bereits seit einiger Zeit impfen, gewissen Medikamente ohne ein Rezept abgeben und manche Behandlungen leisten dürfen. Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, wies darauf hin, das Impfangebot in Apotheken von den Patienten bisher nicht angenommen werde. Jens Kosmiky, Vorstandsmitglied des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, plädierte dennoch dafür, Barrieren abzubauen, um Patientenversorgung zu optimieren, und neue Formen von Kooperation zu finden. 

Nach Auffassung von Bernd Altpeter, CEO der SHL Telemedizin Gruppe, hat die digitale Transformation in Deutschland noch immer nicht die Dynamik aufgenommen, die notwendig wäre, um die Versorgung weiter zu verbessern und die dringend notwendige Kostenentlastung zu beschleunigen. „Ein Grund dafür ist, dass wir in Deutschland zu wenig Bereitschaft haben, bestehende Paradigmen zu wechseln. Als Konsequenz ziehen sich Investoren weiter zurück und der Abstand zur Innovationskraft anderer Märkte wächst“, machte er in der Session „Können Konkurrenten Partner werden? Plattform-Ökonomie im digitalen Zeitalter“ am ersten Kongresstag deutlich. Die bisherigen Konkurrenten müssten eine Möglichkeit für eine produktive Zusammenarbeit finden und die Versicherten davon profitieren lassen. „Wir müssen uns öffnen und neu denken“, fordert Altpeter.

Starke Netzwerke sind nötig, vor allem unter Druck. So lautete der Tenor der Session Große Krankenhäuser als Steuerrad regionaler Versorgungsstrukturen? „In den nächsten zehn Jahren werden die Krankenhäuser ein Drittel ihrer Leute verlieren, wir befinden uns in einer extremen Drucksituation, die sich nur durch kooperatives Denken bewältigen lässt“, so Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender Charité-Universitätsmedizin Berlin. „Leider haben wir ein extrem länderbezogenes Denken und keine Solidarität dafür, wie unser Gesundheitssystem durch die nächsten zehn Jahre kommen soll. Ich hoffe nicht, dass es erst einen Crash braucht, bleibe aber optimistisch, dass wir miteinander ins Gespräch kommen.“ Prof. Dr. Alex W. Friedrich, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender Universitätsklinikum Münster, sieht angesichts des demografischen Wandels eine zunehmende Komplexität, auf die reagiert werden müsse: „Immer mehr Menschen werden mehrere Erkrankungen haben. Neben der Spezialisierung braucht es also die Zusammenarbeit.“ Eine medizinische Regieverantwortung sei zudem nötig, es müsse klar sein, wer in der Region was wann mache. 

Die Streichung der zentralen Punkte im Gesundheitsversorgungsverbesserungsgesetz (GVSG) stieß bei vielen Kongressteilnehmerinnen und Teilnehmern auf Unverständnis. „Mit den noch nicht kastrierten Entwurfsfassungen, den Gesundheitskiosken, den Gesundheitsregionen und den Primärversorgungszentren hätten wir zumindest einen Ansatzpunkt für die Bewältigung der Herausforderungen der Zukunft gehabt“, machte Dr. h. c. Helmut Hildebrandt, Vorstandsvorsitzender der Optimedis AG, in der Session „Der Worte sind genug gewechselt: GVSG - "Lame Duck" oder Zukunftstreiber?“ Das Denken in Einzelakteuren erschwere die notwendige Transformation, machte er deutlich. „Wenn wir Versorgungsprozesse insgesamt organisieren wollen, dann brauchen wir eine Infrastruktur, die oberhalb der Einzelakteure denken, planen und investieren kann“, ergänzte er. 

MVZ sind ein absolutes Erfolgsmodell. Doch wenn private Investoren, vor allem aus dem Bereich Private Equity, an Bord sind, sehen sie sich heftiger Kritik ausgesetzt. Zurecht? Darüber wurden in der Session „Private Equity – Chance oder Risiko für die ambulante Versorgung?“ diskutiert. Dr. Johannes Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, kritisierte das Profitstreben und eine mangelnde Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells und forderte einen fachlichen und räumlichen Bezug zum Träger-Krankenhaus. Sibylle Stauch-Eckmann, Vorsitzende des Bundesverbandes medizinischer Versorgungszentren, plädierte dafür, die Debatte zu versachlichen. Sie verwies darauf, dass noch kein Gutachten eine Evidenz für negative Auswirkungen auf die Versorgung nachweisen konnte. Für Michaela Evans-Borchers, Direktorin des Instituts Arbeit und Technik, Westfälische Hochschule, erfordert die Diskussion um die Regulierung auch die Diskussion über die Frage der Alternativoptionen. „Dass wir in den vergangenen Jahren so intensiv über Private Equity sprechen, ist auch Ausdruck eines grundsätzlichen Investitionsmangels“, gab sie zu bedenken. 

Über „Neue Wege zur Unterstützung zuhause pflegender Angehöriger“ wurde am zweiten Kongresstag diskutiert. Ein Großteil der derzeit fünf Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werde von den Angehörigen gepflegt, betonte Klaus Overdiek, Leiter der Landesvertretung NRW DAK-Gesundheit: „Die Angehörigen sind unser größter Pflegdienst. Ohne die pflegenden Angehörigen hätten wir ein ernsthaftes Problem, heute schon und in der Zukunft noch viel mehr. Wir müssen sie allerdings mehr wahrnehmen und sie unterstützen, als es heute der Fall ist“, forderte er. „Wir müssen stärker auf die Angehörigen zugehen und mehr Präventionsangebote schaffen“, bekräftigte Marina Hesseling, Pflegedienstleitung DRK Kreisverband Steinfurt e.V.. Aus ihrer Sicht wäre es etwa sinnvoll, wenn in den Arztpraxen eine Beratungsmöglichkeit eingerichtet würde. 

Ein neues Thema auf dem GdW fand besonders viel Anklang im Publikum: Wasser im Gesundheitswesen:  Zwischen kritischer Infrastruktur und Nachhaltigkeit. Maik Sicilia, Key Account Manager, DIWA - Institut für Wasseranalytik GmbH brachte es gleich auf den Punkt: „Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel und sollte in jeder Klinik oder Pflegeeinrichtung Chefsache sein. Nur weil eine Trinkwasseranlage gut geplant ist, heißt es nicht, dass sie gut gebaut ist.“ Legionellen und Keime seien noch immer eines der größten Probleme im Gesundheitsbereich, bestätigt auch Charlotte Kaspari, Leiterin Geschäftsbereich 6 Facility Management Universitätsklinikum Bonn. Doch auch Medikamentenrückstände belasten unser Wasser und können bisher nicht komplett herausgefiltert werden, so Prof. Dr. Uli Paetzel, Präsident Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall. Das wird sich jetzt ändern. „Mit der neuen kommunale Abwasserrichtlinie sollen über eine vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen künftig auch Spurenrückstoffe aus Medikamenten herausgefiltert werden“, so Paetzel. Im Publikum sorgte das Wasser für interessierte Nachfragen, ob zu Knappheit, Klima, Kosten. Fest steht: Diese Session war spritzig.

Viel Publikum gab es für die Session Climate Boosting! Nachhaltigkeit in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen: Was muss, was wird angepackt und wo muss zugelegt werden? Melanie Filser, Senior Research Managerin Geschäftsbereich Forschung Deutsches Krankenhausinstitut e.V. stellte die Ergebnisse des aktuellen Klinikreport Nachhaltigkeit 2024 vor. Demnach wird das Thema Nachhaltigkeit bei 49 Prozent der Krankenhäuser in der Unternehmensstrategie ausdrücklich berücksichtigt. „Die häufigsten Hindernisse sind ein Mangel an finanziellen Anreizen, personellen Kapazitäten sowie fehlende Vorgaben durch eine eindeutige Nachhaltigkeitsstrategie“, so Filser. Charlotte Kaspari, Leiterin Geschäftsbereich 6 Facility Management Universitätsklinikum Bonn, berichtete über erfolgreiche Energie- und CO2-Einsparmöglichkeiten u.a. im Bereich Strom, Abfall, Anästhesie und Mobilität: „Energie zu vermeiden, ist die beste Energiequelle“. Zum Thema Wasserstoff stellte Guido Jansen, Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Wissenschaftsmarketing HC·H2 Forschungszentrum Jülich, ein neues Projekt mit dem Krankenhaus Erkelenz vor. Erstmalig werden dabei zwei neue Wasserstofftechnologien kombiniert. „Ziele sind die Reduktion des CO2-Ausstoßes, ein Nachweis der Wirtschaftlichkeit und eines Synergieeffekts zwischen beiden Technologien“, so Jansen. 

Um die Zukunft der Gesundheitsregionen drehte sich alles in der Session „Kommen die Gesundheitsregionen in die "Puschen"?“ „Dass alle über die Streichung der Gesundheitsregionen im GVSG geschockt waren und keiner dieses Ergebnis haben wollte, ist eine gute Erkenntnis und gibt Hoffnung, dass zumindest einige Elemente doch noch im parlamentarischen Prozess wieder eingefügt werden“, sagte Berit Schoppen, Prokuristin, Koordination „Managed Care/neue Versorgungsformen“ MedEcon Ruhr. „Ob im Gesetz oder nicht, für unsere Projekte gilt die Devise: Wir machen weiter!“, kündigte Matthias Mohrmann, stellv. Vorsitzender des Vorstands AOK Rheinland/Hamburg, an. Er appellierte an alle Akteure, sich im parlamentarischen Prozess für die gestrichenen Versorgungsformen einzusetzen. Das versprach auch Meral Thoms, Sprecherin für Gesundheitspolitik GRÜNE-Landtagsfraktion NRW:„Wir werden uns auf Bundesebene für diese wichtigen innovativen Versorgungsformen einsetzen, die wir in den Kommunen brauchen.“ In NRW werde derzeit über die genaue Ausgestaltung der Gesundheitsregionen verhandelt. Diese sollen ihren Angaben nach als Modellregionen mit einer Förderungsdauer von voraussichtlich drei Jahren angelegt sein.

Der Gesundheitskongress des Westens ist der führende Kongress für Gesundheitspolitik und Gesundheitswirtschaft im Westen Deutschlands.

Im nächsten Jahr findet der Kongress am 14. und 15. Mai 2025 statt.

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