Pressemitteilung

„Deutschland braucht eine klare Strategie für das Gesundheitswesen!“

Gesundheitskongress des Westens am 14. und 15. Mai 2025 in Köln

15.05.2025 – Nach zwei intensiven Tagen ist der Gesundheitskongress des Westens in Köln zu Ende gegangen. In zahlreichen Diskussionen und Debatten wurde eines besonders deutlich: „Wir müssen endlich aufhören, das Gesundheitswesen nur als Kostenfaktor zu sehen“, betonte Kongressleiterin Claudia Küng. „In Wahrheit ist es ein strategisches Zukunftsfeld – mit dem Potenzial, unsere Wirtschaft zu beleben, Innovationen freizusetzen und Deutschland im globalen Wettbewerb wieder nach vorn zu bringen.“
 
Andere Länder haben diesen Wandel längst eingeleitet – das wurde nicht zuletzt durch eine Delegation aus China eindrucksvoll vor Augen geführt. „Deutschland braucht jetzt ebenfalls eine klare und ambitionierte Strategie, um dieses Potenzial voll auszuschöpfen“, forderte Küng.
 
Groß und zukunftsorientiert zu denken – das war auch das Credo der Session zur elektronischen Patientenakte (ePA). Noch steckt Deutschland hier in den Anfängen, doch die ersten Entwicklungen nach dem bundesweiten Roll-Out Ende April machen Hoffnung. Allein in dieser Woche seien rund 18 Millionen ePAs geöffnet worden, berichtete Dr. Florian Fuhrmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der gematik.
 
„Um die Potenziale der ePA voll auszuschöpfen, müssen wir weg von einer organisationszentrierten hin zu einer patientenzentrierten Datenhaltung“, erklärte er. Er zeigte sich überzeugt, dass die deutsche ePA zukunftsfähig aufgestellt ist: „Wir werden viele Länder, die uns derzeit noch voraus sind, wieder überholen.“ Die moderne Architektur ermögliche eine Vielzahl neuer Anwendungsfälle. „Meines Wissens ist unsere ePA die einzige in Europa, die mit künstlicher Intelligenz arbeiten kann“, so Fuhrmann.
 
Der Gesundheitskongress des Westens war der erste große Kongress nach der Bundestagswahl. Deshalb haben die Pläne der neuen Bundesregierung für das Gesundheitswesen viele Debatten bestimmt.
 
Prof. Christian Karagiannidis hat beim Gesundheitskongress des Westens eindringlich vor den finanziellen Herausforderungen im Gesundheitswesen gewarnt. Deutschland habe im stationären Sektor in vergangenen Jahr erstmals die Marke von 100 Milliarden Euro überschritten – ein Wendepunkt. „Wir leben deutlich über unsere Verhältnisse und müssen dringend über die Ausgaben sprechen“, sagte er. Vor diesem Hintergrund sei die geplante Krankenhausreform eines der zentralen Elemente, um das System zukunftsfähig zu gestalten.
 
Für die Krankenhausreform sei allerdings auch eine Notfallreform zentral, da Patienten besser gesteuert werden müssten, betonte Karagiannidis. „Wir haben über ein Jahr verloren – jetzt muss das Gesetz schnell durch den Bundestag“, fordert er. Besonders wichtig sei der digitale Leitstellenkoordinator, der Patientinnen und Patienten gezielt lenken könne.
 
„Unsere Reform wirkt“, sagte Helmut Watzlawik, Abteilungsleiter Krankenhausversorgung beim NRW-Gesundheitsministerium.  Er betonte, wie wichtig ein ausreichend langer Vorlauf und der Dialog mit allen Beteiligten für das Gelingen einer Reform sind. „Große Reformen kann man nicht über das Knie brechen“, war er überzeugt.
 
Watzlawik forderte Änderungen am Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KVHHG). Auf die Agenda gehörten aus seiner Sicht mehr Ausnahmeregelungen für Länder, erweiterte Kooperationsmöglichkeiten und eine breitere Definition von Fachkrankenhäusern. Ausnahme will NRW vor allem bei Qualitätsvorgaben für Krankenhäuser im ländlichen Raum haben. Dort drohten wichtige Versorgungsstrukturen wegzubrechen, wenn Qualitätsvorgaben zu strikt und ohne Spielraum umgesetzt würden, warnte er.
 
Gegen derartige Ausnahmeregelungen positionierte sich Prof. Josef Hecken, der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), mit klaren Worten. Er sieht es sogar als eine zentrale Aufgabe der neuen Bundesregierung, solche Ausnahmen zu vermeiden. Zwar spreche nichts dagegen, den Sicherstellungskrankenhäusern mehr Zeit für die Erfüllung der geforderten Vorgaben einzuräumen, räumte Hecken ein. Sie allerdings dauerhaft von allen Qualitätskriterien zu befreien, wäre eine Bankrotterklärung. „Schlechte Versorgung ist nicht immer besser, als gute Versorgung 15 Kilometer weiter“, machte er deutlich.
 
Für kontroverse Diskussionen sorgten auch die Pläne der Bundesregierung für ein Primärarztsystem. Während sich alle darüber einig war, dass eine bessere Patientensteuerung auch im ambulanten Bereich zwingend notwendig ist, gab es unterschiedliche Meinungen darüber, ob das über ein Primärarztsystem gelingen kann.
 
Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender, Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, wies darauf hin, dass es nicht sinnvoll wäre, jeden Patienten künftig zuerst zum Hausarzt zu schicken: „Je nach Region müssten dann 500 bis 1000 zusätzlichen Fälle mehr pro Hausarztpraxis versorgt werden. Das kann nicht die Lösung sein“, machte er deutlich. „Es gibt viele Punkte, die wir uns angucken müssen, wenn wir wollen, dass eine Steuerung am Ende des Tages wirksam und effizient ist.“
 
Knapp 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Klinik und Praxis, aus Gesundheitspolitik und -wirtschaft, aus der Forschung und Wissenschaft sowie der Pflege diskutierten an zwei Tagen unter dem Motto „Die Knoten lösen: Das Gesundheitswesen befreit sich!“ über die Themen, die das Gesundheitswesen heute und in den nächsten Monaten bewegen. Rund 500 Menschen haben ausgewählte Sessions im Livestream verfolgt.
 
Bildmaterial zum Kongress: Flickr
 
Pressekontakt: presse@wiso-consulting.de 

Der Gesundheitskongress des Westens ist der führende Kongress für Gesundheitspolitik und Gesundheitswirtschaft im Westen Deutschlands.

Im nächsten Jahr findet der Kongress am 06. und 07. Mai 2026 statt.